Auf frischer Tat ertappt

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Die Polizei in Bulgarien genießt keinen guten Ruf. Von Vertrauen und Respekt kann keine Rede sein. Um genauer zu sein: Die Polizisten sind korrupt und sie machen den ganzen Tag nichts, das denken die meisten Bulgaren. So hat sich im Volksmund das Wort „kuki“ („Haken“) für die Polizisten etabliert, die die kleinen Fische bei „marginalen Gesetzesverstößen“ wie Falschparken oder Nicht-Beachten von Verkehrsschildern „fangen“ und „Bußgeld“, um nicht Schmiergeld zu sagen, kassieren. Zugegeben, vieles hat sich seit dem EU-Beitritt Bulgariens geändert – die Polizisten sind vorsichtiger geworden, mit vielen Methoden aus den 1990-er Jahren kommen sie nicht mehr durch. Aber dieses Bemühen hat sie beim Volk auch nicht beliebter gemacht.

So haben sich mehrere Facebook-Gruppen gegründet namens „Fotografiere den Polizisten“, die die eingangs erwähnten Eindrücke beweisen wollen. „Von der Verkehrspolizei habe ich ein Foto bekommen, wo ich bei der Überschreitung der erlaubten Geschwindigkeit zu sehen bin. Als Antwort darauf habe ich denselben Leuten ein Video geschickt, wo ich das Bußgeld einem Polizisten in Bar bezahle“, schreibt ein User. Auf der Facebook-Seite wurden viele Fotos veröffentlicht, auf denen Polizisten bei dem Begehen von Ordnungswidrigkeiten gezeigt werden: Polizei-Autos, die auf Behindertenparkplätzen stehen oder Polizisten, die während des Dienstes, ein ausgiebiges Schwätzchen in einem Café abhalten.

Die Idee für die erste Facebook-Seite ist entstanden, als im Oktober ein junger Mann aus Varna ein Foto von drei Polizisten, die im Auto ein Nickerchen machten, in den einschlägigen Sozialen Netzen veröffentlicht hat. Die Chefin der lokalen Polizei nannte den Amateurfotografen „Dorf-Asi“. Sie wurde entlassen, der junge Mann genießt jetzt Kult-Status und die Polizisten – sie fühlen sich in ihrer Würde verletzt. Eine Gegen-Facebook-Seite wurde gegründet – „Fotografiere den Verbrecher“. Dort wollen Polizisten Fotos von jenen Menschen veröffentlichen, die sie erwischt haben und so das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen. Ein wahrer Social-Media-Kampf ist in Bulgarien ausgebrochen.

Zum Schluss muss ich noch einen Polizisten-Witz loswerden und davon gibt es sehr viele in Bulgarien: Ein Polizist hält einen Mercedes-Fahrer wegen Geschwindigkeitsüberschreitung an. Der Fahrer sagt: „Lieber Polizist, sie wollen mich doch jetzt nicht bestrafen. Was kann ich für Sie tun?“ Darauf der Polizist: „Nein, ich werde sie nicht bestrafen. Ich erlaube Ihnen sogar, mit einer noch höheren Geschwindigkeit zu fahren.“ Der Fahrer setzt sich zufrieden ins Auto und gibt Gas. Der Polizist nimmt sein Handy und ruft seinen Kollegen an: „Hey, Kumpel. Ich schulde Dir doch noch 50 Leva. Ja, die sind grade auf dem Weg zu dir.“

Dieser Gastbeitrag ist im Ostpol-Blog am 7. Januar 2013 erschienen.

 

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