Die 90er lassen grüßen

Gestern (18.12.2017) am frühen Morgen wurde im Zentrum von Sofia Ivo Stamenov, Chef der Steueraufsichtsbehörde in der Agentur für Einkünfte, angeschossen. Diese Abteilung wurde erst vor 3 Jahren gegründet und hat zum Ziel, die kriminellen Praktiken in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer zu bekämpfen. Auf der Liste der Kontrolleure stand u.a. der Handel mit Obst und Gemüse und anderen Lebensmitteln aber seit ein paar Monaten auch der Handel mit Brennstoffen. Laut einer Untersuchung des Zentrums für Demokratieforschung aus dem Jahr 2012 kostet die Hinterziehung der Mehrwertsteuer das Land jährlich umgerechnet 350 Millionen Euro. (Quelle auf Bulgarisch: file:///Users/rayna/Downloads/BOCTA_bg_full_pdf.pdf)

Man könnte jetzt sagen, Bulgarien hat ja Bitcoins und könnte alles ausgleichen, aber Scherz bei Seite. Es geht um die kriminellen Machenschaften in diesem Land, die unbestraft und laut Medienberichten unter dem Schutz der Staatsanwaltschaft und der Politik weiter das Land in Richtung Abgrund ziehen.

MfG, Brüssel

Habt Ihr nicht unsere Empfehlungen vom letzten Jahr gelesen?

Wo bleiben Eure funktionierenden Institutionen?

Wieso wuchert das Geschwür der Korruption bei Euch?

Antwortet doch wenigstens! Mehr noch – unternehmt endlich was!

MfG

Brüssel

Frans Timmermans, EU-Kommissar und erster Stellvertreter Junckers, hat es heute etwas milder und diplomatischer ausgedrückt. Ist halt sein Job. Wer weiß, was ihm eigentlich auf der Zunge lag. Zugegeben, ich habe das ein bisschen zugespitzt – aber dann versteht man es auch besser. Denke ich.

Heute war es wieder soweit. Die Spannung am Morgen konnte man in den einschlägigen sozialen Medien spüren: Wo bleibt der EU-Bericht, fragte sich die interessierte bulgarische Twittergemeinde. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Politiker bestimmt noch eine letzte Hoffnung, dass dieser ominöse Bericht erst gar nicht erscheint. Schließlich hat Brüssel derzeit echt viel auf dem Tisch: Polen, Ungarn, Sicherung der Außengrenzen. Da könnte doch das kleine, unbedeutende Bulgarien aus dem Fokus geraten sein. Doch nein, so ein Pech – da ist ja der Bericht und er sieht mal wieder nicht rosig aus. Oben drein wurde heute der Korruptionsindex von Transparency International veröffentlicht. Auch der lässt Bulgarien nicht gerade gut dastehen (Bulgarien ist auf Platz 69 hinter Lesotho, Senegal, Bahrain, Kuba, Ghana, u.a.)

omas esel

omas esel

Und hinzu kam noch, dass Rumänien, das auch heute sein EU-Zeugnis ausgestellt bekommen hat, wie ein Musterschüler daher kommt. „Shit happens“, sagen sich die bulgarischen Politiker. Aber muss es every year the same shit sein, frage ich mich.

Kleiner Rückblick: Seit 2007 stellt Brüssel regelmäßig, inzwischen nur einmal im Jahr, so ein Zeugnis über – wie es so schön heißt – „die Maßnahmen Bulgariens zur Reform der Justiz und zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens (CVM)“. Herrlich diese EU-Sprache. D.h. Brüssel „monitort“, was Bulgarien macht, oder auch nicht und spricht Empfehlungen aus. Seit Jahren sage ich: Nur gucken reicht nicht. Empfehlungen werden dankend angenommen und landen dann in Ablage P. Am Ende machen die da in Sofia eh was sie wollen. Wieso nicht ein bisschen strenger: Mahnungen, Sanktionen, irgendwas. Brüssel sollte nicht erst dann eingreifen, wenn die Demokratie den Bach runter geht. Siehe Polen und Ungarn. Bitte schon vorher – denn in Bulgarien sieht es nur so aus, als ob es eine Demokratie gäbe. In Wahrheit ist es eine Demokratur, wo politische Eliten das ganze Land kontrollieren und das Denken manipulieren.

Das steht im Bericht natürlich nicht so deutlich. Reinschauen lohnt sich aber auf jeden Fall trotzdem. Achtung: Behördensprache. 

Mein Staat, der Verbrecher

Vom vierten Stock aus erscheint die große Grube ganz schön gruselig. Wildwuchs, Sumpf, Betonklötze. Sie ist blickdicht eingezäunt. Die Passanten bemerken gar nichts. Deswegen wussten nur wenige, was sich dahinter verbirgt. Nur die Nachbarn, aber auch nur die ab dem 3. Stockwerk. Es war mal eine Garage, hätte eine sein sollen, zur Förderung der städtischen Infrastruktur, dann hat der eine Investor sie verkauft, der nächste hat sie weiterverkauft, am Ende hat irgendjemand viel Geld kassiert und eine Baugrube hinterlassen. Assen Yordanov lehnt sich über seinen Balkon und schaut zur Grube hinab. So enden die meisten Geschäfte in Bulgarien:

„Siehst du da drüben, auf der anderen Seite des Sumpfes ist das Gebäude der Staatsanwaltschaft. Es war früher die Festung der bulgarischen Kommunistischen Partei in der Stadt Burgas. Es sieht aus wie ein gigantischer Bunker. Es wurde so gebaut, dass es einen direkten Bombenangriff übersteht. Ich habe viele Korruptionsfälle aufgedeckt, in denen öffentliche Gelder missbraucht wurden. Ich habe Beweise vorgelegt, Beschwerden eingelegt, doch diese Fälle verstauben in den Akten hier und keiner wird zu Rechenschaft gezogen. Für mich erfüllt dieses Gebäude die gleiche Funktion in zwei verschiedenen Gesellschaften, nur dass früher die Kommunistische Partei das verbrecherische Regime unterstützt hat und jetzt ist es die Justiz. Heute stehen die bulgarische Staatsanwaltschaft und viele Richter als Schutzschild vor kriminellen Gruppen.“

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Das Maß ist voll

Photo via Reddit

Photo via Reddit

Es muss wohl etwas wirklich Bahnbrechendes passiert sein, dass mein Vater jetzt angefangen hat, auf Facebook zu posten. Erst hab ich einen Schreck gekriegt, als ich das total inakzeptable Porträtbild von ihm gesehen habe, das er hochgeladen hat. Aber ich denke mal die schlechte Qualität war ein Zeichen dafür, dass er es wirklich eilig hatte, der Netzgemeinschaft etwas mitzuteilen und keine Zeit hatte für eine überlegte Fotoauswahl. Und Folgendes war zu lesen:

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