Je öfter und je länger man auf dem Balkan ist, desto schwerer fallen einem die Abschiede. Da dieses Blog aber nicht für viele Gefühle gedacht ist, mache ich diesen auf einem Portal Luft, das eine Kollegin aus Republika Srpska vor wenigen Wochen ins Leben gerufen hat. Wenn ihr also „serbisch-kroatisch-bosnisch-montenegrinisch“ sprecht und die Gefühlsausbrüche von fünf Journalistinnen, die sonst Tag für Tag über harte Fakten berichten, ertragen könnt, klickt hier. Und meinen ersten Beitrag „TAMO GDJE ŽIVI DUŠA“ könnt ihr da auch lesen.
Archiv der Kategorie: Bosnien und Herzegowina
Hasssprache? Is‘ schon OK!
Freispruch für einen Kriegstreiber, der mit seinen hasserfüllten Parolen gegen Kroaten und Muslime und seinem Plan von einem Großserbien die Geschichte und die Geschehnisse auf dem Balkan der 90er Jahre maßgeblich geprägt hat. Und in gewisser Weise immer noch tut – mit seinen öffentlichkeitswirksamen Auftritten, bei denen sämtliche Flaggen brennen – egal ob kroatische, europäische oder die der NATO. Experten prophezeien ihm bei den Wahlen in Serbien am 24. April Gewinne mit zweistelligen Prozenten. Seine Partei heißt: Serbische Radikale Partei. Und er ist Vojislav Šešelj.
Schuldgefühle
„Ich bitte auf Knien darum, dass Serbien für das in Srebrenica begangene Verbrechen verziehen wird“, sagte Tomislav Nikolic in einem Interview für das bosnische Fernsehen. Ein Meilenstein in der Rhetorik, bedenke man bloß seine Vergangenheit. Weiterlesen
Was bisher geschah
In den ersten zwei Kalenderwochen sind nach den vielen besinnlichen Feiertagen die meisten noch in Katerstimmung. Zeit für mich, einen Rückblick auf 2012 zu werfen.
Die Stempel-Sammlerin
Ach, mein geliebter Balkan, wie sehr ich dich verachte. Wegen dir musste ich viele sinnlose Stunden in schmutzigen Bussen verbringen, dort in der heißen und stickigen Luft baden, an Grenzkontrollen warten und den schlechten Musikgeschmack der Busfahrer ertragen. Wieso?
Generation Aufbau
Ich hatte ein Treffen mit Djordje in Ost-Sarajevo, ich nahm den Trolleybus Nummer 103 und stieg an der letzten Haltestelle aus. Ab da fängt Ost-Sarajevo an – aber die Trolleybusse fahren nicht in den Ost-Teil der Stadt. Es gibt zwar keine sichtbaren Trennlinien, aber nach Kriegsende wurde die bosnische Hauptstadt geteilt – in Sarajevo und Ost-Sarajevo.
Sarajevo in Bildern
Ich war diesen Sommer ganze zwei Mal in Bosnien und Herzegowina: Beim ersten Mal hab ich die Kamera in Deutschland vergessen, beim zweiten Mal wollte die Speicherkarte nicht. Ich konnte also nur eine begrenzte Zahl an Bildern machen. Der Frust dauerte zwei Tage! Danach hab ich mich zusammengerissen 🙂 Hier einige Fotos aus Sarajevo.
Sarajevo, mon amour
Meine Zeitungs-Premiere
Ich war in der zwölfen Klasse, besuchte eine durchschnittliche Schule in Sofia und langweilte mich. Ich hatte mich zwar für ein Dutzend Kurse nebenher angemeldet – Englisch, Russisch, Mathematik-Unterricht, Geschichts-Kurs bla bla bla, aber irgendwie war mein Kreativitätstank leer zu jener Zeit. Bis die Amerikaner in mein Leben kamen!
Die Sprache – eine soziale Zeitbombe?
Kruh, kruh, kruh (Brot auf Kroatisch) – bloß nicht hleb (Brot auf Serbisch)
sagen, sonst wurde man ganz böse angeschaut in der Bäckerei. Früher war das
egal, wo du welches Wort für „Brot“ benutzt. Klar, man konnte direkt erkennen,
woher du aus Jugoslawien kommst, aber das weckte mehr Neugierde als Abneigung.
Anders Ende der 90er. Da wurde die Sprache zum wichtigen Identifikationsmerkmal.
Als ich in Zagreb gelebt habe, war es schwierig für mich, diese feinen
Unterscheide zwischen Serbisch und Kroatisch zu verstehen, sie mir in den Kopf
zu brennen. Manchmal konnte dich ein einfaches „j“ oder „ij“ im Wort
disqualifizieren. („breg“ sagen die Serben, „brijeg“ die Kroaten, „lijepo“ auf
Kroatisch, „lepo“ auf Serbisch). In der Schule, beim Arzt, beim Einkaufen, im
Gespräch mit den Nachbarn, man musste immer hellwach sein, wenn man sprach. Die
Erinnerungen an den Krieg waren noch sehr frisch, die Gemeinsamkeiten mit
Serbien sollten ausgelöscht werden. Und so mussten wir uns in der Schule
(und im Fernsehen) anhören, welche neuen Wörter den kroatischen Wortschatz von
heute auf morgen bereichert haben. Zrakoplov (Helikoper), brzojav (Telegramm) –
jede Woche kamen neue Wörter hinzu. Die Sprache war nach dem Krieg das stärkste Instrument, seine Identität neu zu definieren, neu zu erfinden.
Die Rolle der Sprache wurde nicht nur in Kroatien stark diskutiert. Auch in
Bosnien und Herzegowina wurde die Sprache als Symbol für eine
Volkszugehörigkeit instrumentalisiert. In Sarajevo habe ich viele Menschen
getroffen und mit ihnen über Sprache und ihre Kraft, Gesellschaften zu
spalten, gesprochen. Hier was ich dabei gelernt habe.
Vier Begegnungen und ein Todesfall
„Er wollte einfach nicht unterschreiben, weil auf der Rückseite das Wappen Bosnien und Herzegowinas (BiH) abgedruckt war“, erzählt mir S. Und zündet die nächste Zigarette an. Eine nach der anderen. Bald sind lokale Wahlen in BiH. Er ist vor ein paar Monaten der multiethnischen Partei „Nasa Stranka“ beigetreten. Um diese in seiner Stadt registrieren zu dürfen, musste er Unterschriften sammeln. Daran ist er gescheitert. In seiner Stadt, Doboj, in Republika Srpska, leben überwiegend Serben, die sich Belgrad viel näher fühlen, als Sarajevo. Platz für eine multiethnische Partei gibt es nicht.